Mehr Lebensqualität und Leichtigkeit durch Körperwahrnehmung

Körper – Gehirn – Nervensystem

 

Körpersensationen

Im letzten Newsletter habe ich kurz über Körpersensationen geschrieben. Körpersensationen sind wie der Name schon sagt, sensorische Wahrnehmungen aus dem Körper, die im Gehirn zur Kenntnis genommen werden. Diese Sensationen sind kostbare Informationen für das Gehirn. Aus diesen Informationen trifft das Gehirn die Entscheidungen auf allen Ebenen: von der physikalischen Ebene der Körperposition und -statik bis zur kognitiven oder intellektuellen Ebene. Wenn Gehirn, Nervensystem und Körper zusammen arbeiten, agieren sie als Einheit mit der Absicht: Gefahren zu vermeiden und maximale Ökonomie oder Leichtigkeit für den gesamte Organismus zu gewährleisten. Organismus heißt wir, als Menschen und Individuen. 

Wenn der Körper aus dem Lot gerät, kompensiert das Gehirn dies, damit der Organismus seinen Halt nicht verliert. Wenn unsere Psyche aus dem Lot gerät, kompensiert dies der Körper um der Psyche irgendwie den fehlenden Halt zu geben. So arbeiten beide, Körper und Geist mit den besten Absichten für uns.

 

Die Leichtigkeit steht ganz oben auf der To-Do-Liste unserer DNA

Die Ökonomie des Seins steht ganz oben auf der Liste unserer DNA. Das haben wir Menschen gemeinsam, das verbindet uns. Körper, Gehirn und Nervensystem arbeiten als Einheit um dies zu gewährleisten.

Der Körper braucht Impulse vom Gehirn, das Gehirn braucht Impulse vom Körper. Das Nervensystem bildet das Straßennetz für den Transport dieser Impulse. Eine mögliche Trennung von Körper, Gehirn und Nervensystem ist eine Illusion, sie existiert nicht! 

Aber gerade mit dieser Illusion leben die meisten von uns. Ich bin mittlerweile überzeugt, dass hier der Schlüssel für ein erfülltes oder nicht erfülltes Leben liegt.

„Deine Gefühle entstehen aus deinen Gedanken. Manche Körpersensationen entstehen aus deiner Gefühlen. Achte also auf deine Gedanken!“

Diese Botschaft habe ich aus einem Buch, der Ärztin und Psychiaterin Marian Rojas Estapé. Sie ist in mir präsent geblieben. Er hat mir ein weiteres Puzzleteil für meine Arbeit geliefert. 

Als Sportwissenschaftlerin interessiert mich die Wirksamkeit im Körper. Mittlerweile ist mir jedoch mehr als bewusst, wie wichtig die angewandte Neurologie in der Körperarbeit ist. Und genau mit dieser Erkenntnis entwickelt sich meine Arbeit weiter und ich entdecke von mal zu welch enormes Potential hier noch zu erschließen ist und weiter erforscht werden will. Ich freue mich sehr, euch weiterhin auf diese Reise mitnehmen zu können und euch weiter Neues berichten zu dürfen.

 

Impulse vom Gehirn zum Körper. Und wo bleiben die Impulse vom Körper zum Gehirn?

Anweisungen geben….das können wir Menschen sehr gut. Wir geben uns selbst und auch stets unseren Mitmenschen und Mit-Tieren Anweisungen und Bedienungsanleitungen. Aber wie sieht es mit dem Zuhören aus? Wer nur redet und Anweisungen gibt ohne zuzuhören, wird nicht nur als unangenehmer Zeitgenosse empfunden, er lebt mit einer Binde über den Augen. Eine Menge Informationen und Reize aus der Umgebung, aus der Realität, aus dem Hier-und-Jetzt bleiben fern. Ein Weltbild wird aus selbst-gemachten Gedanken und Emotionen kreiert. Aus diesem verzerrten Bild, bilden wir unsere Meinungen und interagieren nach außen.

Dieses Muster kann sich, bzw. wird sich auch in unserem Gehirn-Körper Konstrukt spiegeln. Unser Gehirn ist stets dabei dem Körper Anweisungen zu geben. Das ist wichtig damit Regulationen im Körper stattfinden können, damit wir uns bewegen und überhaupt leben können! 

Wenn diese Anweisungen jedoch mit der Augenbinde gegeben werden, dann werfen wir einen großen Teil, des natürlichen Potentials des Körper-Gehirn-Nervensystem aus dem Fenster. Ein Potential, das uns zu mehr Leichtigkeit, Kraft und Flexibilität auf allen Ebenen führen kann. Mit Augenbinde meine ich, die fehlende bzw. ignorierte Information aus den Impulsen vom Körper zum Gehirn, die fehlende oder ignorierte Propriozeption.

Gerade im Sportbereich ist diese Situation oft anzutreffen. Instruktionen und Anweisungen werden gegeben und befolgt, mit dem Ziel Übungen auszuführen, die Kraft, Dehnung oder eine bessere Haltung bringen sollen. Das Gehirn liefert Muskeln und Knochen eine Instruktion nach der anderen und diese folgen augenblicklich. Soweit so gut. Wenn wir jedoch bewusst lernen, die Impulse vom Körper zum Gehirn im Moment der Anweisung zu beachten und zu integrieren, dann eröffnet sich ein enormes Potential an Leichtigkeit, Intensität, Kraft und Flexibilität. Die Durchführung der Übung ändert sich auch augenblicklich. 


„Erst sich andocken, dann die Aktion!“ 

Diesen Satz hören meine Teilnehmer im Unterricht immer wieder. Wenn ich selber trainiere, ertappe ich mich oft, trotz präziser Anweisungen und Sorgfalt bei der Durchführung, dass ich mich nicht richtig „angedockt“ habe. Es ist wie auf einen Knopf zu drücken. Entweder schalte ich am Ort des Geschehens das Licht an, bevor ich eine Anweisung ausführe oder nicht. Ein kleiner „Schalter“ mit einer Riesenwirkung. Ist das Licht an, das Bewusstsein an der richtigen Stelle, dann ist die Qualität der Körperbewegung und der Körperstatik um ein Vielfaches höher. Sie sind leichter, kraftvoller, intensiver und vor allem lebendiger. 

 

Was ist Schmerz?

Dieser Blogbeitrag wäre nicht vollständig, wenn ich nicht über die Sensation Schmerz schreiben würde. Denn Schmerz gehört zu dieser o.g. Einheit. Ohne das Empfinden von Schmerz würden wir nicht lange überleben. Schmerz ist in erster Linie eine wichtige Information für das gesamte System und schaltet sich ein wenn dieses System gefährdet ist. Sowohl auf körperlicher, als auch auf emotionaler und geistiger Ebene. Die Botschaft eines Schmerzes ist: „Achtung, da passiert gerade was, das vielleicht eine Gefahr darstellt. Sofortige Beurteilung und ggf. Änderung ist erforderlich!“

Es wäre also ein Fehler den Schmerz an erster Stelle als Bedrohung und als Last zu sehen und ihn sofort stillen zu wollen, noch bevor wir die Ursache näher analysiert haben und ggf. an ihr arbeiten. 

Natürlich gibt es viele Fälle, in denen der Schmerz gestillt werden muss, da die Ursache nicht unmittelbar beseitigt werden kann. In diesen Fällen kann Schmerz zu massiven Stress für den Menschen führen und somit selbst zu einer Gefahr für das System werden. Aber das ist dann vernünftigerweise eine Handlungsentscheidung, die nach einer ersten bewussten Beurteilung des Schmerzes gefällt wird.

 

Schmerz als Kompass

Generell jedoch sollte man den Schmerz aber als Kompass und guten Begleiter verstehen und ihn ernst nehmen. Die Schmerzempfindung ist ein wichtiger Kommunikationskanal in unserem Körper, sie gibt uns die Chance etwas zu ändern.

Schmerz hat viele Farben und Töne. Im Training und im Unterricht begegnen uns ein paar von ihnen. Ich möchte speziell über zwei reden:

  • Auf der einen Seite kennen wir den Schmerz, der aus einer nicht-ökonomischer Körperhaltung kommt: der Schmerz eines Bandscheibenvorfalls, der Schmerz aus einer Kniearthrose, der Schmerz aus verklebten Faszien und Muskelverspannungen. In all diesen Fällen sagt uns der Schmerz ganz deutlich: „ändere was, denn hier gibt es etwas zu ändern. Schau Dir noch einmal die Bedienungsanleitung des Körpers an“. Diese Art Schmerz wird immer lauter und aufdringlicher, wenn keine Änderung stattfindet.
  • Auf der anderen Seite kommt das Empfinden von Schmerz auch bei z.B. einer intensiven Dehnung, bei einer Kräftigung, bei einer Befreiung von Druck an einem bestimmten Gelenk. Für das System bedeuten all diese Situationen zunächst einmal eine Bedrohung, weil sich etwas ändert. Deswegen bekommen wir zunächst eine Warnung. Selbst dann, wenn wir gerade unseren Bewegungsapparat zu einer guten Entwicklung hin unterstützen. Wenn wir diesem Schmerz zuhören, dann sagt er uns: „da findet gerade eine Entwicklung statt, die wir brauchen und die positiv für uns ist. Ich bleibe jedoch erhalten, damit wir mit Sorgfalt und Präzision weiter machen können“. Diese Art von Schmerz, falls wir ihm zuhören, wird immer sanfter und wirkt fast motivierend.

Wie können wir das Eine vom Anderen unterscheiden? Indem wir zuhören, indem wir mit unserer Propriozeption im Körper „das Licht anmachen“, um zu schauen, was da los ist. So können wir den Schmerz zuordnen und dann in die richtige Richtung gehen. Denn so bekommt das Gehirn differenziertere Information und kann die richtige Entscheidung treffen, bevor es sich von Gedanken und Emotionen (ver-)leiten lässt und aus dieser schlechteren Ausgangsposition dem Körper weitere Anweisungen gibt. Das ist nicht nur im Sportunterricht oder in einer Trainingsstunde wichtig, sondern auch in unserem Alltag, egal wo wir sind und was wir gerade tun. 

 „Erst sich mit der Propriozeption andocken, dann die Aktion!“  

 

Gemma Mari Gurt

Gemma Mari Gurt

Haltungscoach

Seit über 30 Jahren trainiere ich Menschen in Gruppen und im Einzel-Coaching. Mich fasziniert die Vernetzung körperlicher, geistiger und seelischer Haltung. Über die Jahre ist die Haltung für mich ein Lebensstil geworden.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner